Interview mit Herrn Weber (79), Rentner aus Rheinland-Pfalz
Herr Weber lebt allein in seinem Einfamilienhaus, in dem er über 50 Jahre lang gemeinsam mit seiner verstorbenen Frau gewohnt hat. Nach einem Sturz im Badezimmer begann er, sich mit dem Thema barrierefreies Wohnen zu beschäftigen. Im Interview spricht er offen über seine Ängste, die Umbauphase – und warum er heute anderen Mut machen möchte, rechtzeitig umzudenken.
Herr Weber, was hat Sie dazu gebracht, Ihre Wohnung barrierefrei umzubauen
Weber:
Ich hatte vor zwei Jahren einen Sturz im Badezimmer. Ich wollte nachts nur schnell zur Toilette, bin ausgerutscht und mit dem Rücken gegen die Badewanne geknallt. Zum Glück nichts gebrochen – aber das hätte auch anders ausgehen können. Danach habe ich gemerkt, dass ich mich in meinem eigenen Zuhause nicht mehr richtig sicher fühle. Und ich habe gedacht: Wenn ich hier weiter wohnen will, dann muss ich was ändern. Ich bin 79, aber noch klar im Kopf – ich will selbst entscheiden, wie ich lebe.
Was haben Sie konkret verändern lassen?
Weber:
Als Erstes das Bad. Die Badewanne kam raus, stattdessen hab ich jetzt eine ebenerdige Dusche mit Haltegriffen. Der Einstieg war mir einfach zu gefährlich geworden. Ich habe auch das WC erhöhen lassen – früher war das Aufstehen echt mühsam.
Dann haben wir im Schlafzimmer ein neues, höheres Bett angeschafft, mit einer Aufstehhilfe an der Seite. Und in den Flur kam ein Bewegungsmelderlicht. Wenn ich nachts raus muss, sehe ich sofort, wo ich hintrete.
Haben Sie sich vorher beraten lassen?
Weber:
Ja, meine Tochter hat einen Termin bei einer Wohnberatung organisiert – die kamen sogar zu mir nach Hause. Ich war ehrlich gesagt erst skeptisch, aber die Dame war sehr nett und kompetent. Die hat Sachen angesprochen, auf die ich nie gekommen wäre: Türschwellen, Teppichkanten, sogar die Steckdosenhöhe.
Sie hat auch erklärt, was von der Pflegekasse bezahlt werden kann. Das hat mir wirklich die Angst genommen, dass ich alles aus eigener Tasche zahlen muss.
Wie viel mussten Sie selbst investieren?
Weber:
Ich habe einen Pflegegrad – PG 2 – und konnte über die Pflegekasse 4.000 Euro Zuschuss für „wohnumfeldverbessernde Maßnahmen“ beantragen. Das ging relativ unkompliziert, aber man muss vorher alles beantragen, nicht erst nach dem Umbau.
Meine Tochter hat die Anträge ausgefüllt, ich hätte das alleine nicht geschafft. Das war Gold wert.
Am Ende habe ich vielleicht 1.500 Euro selbst draufgelegt. Aber ich habe kein Geld besser investiert als in meine eigene Sicherheit.
Gab es auch Rückschläge oder Unsicherheiten während des Umbaus?
Weber:
Der größte Rückschlag war meine eigene Sturheit. Ich wollte eigentlich nichts verändern, dachte: „Ach, das geht schon noch.“ Aber irgendwann habe ich gemerkt, dass ich ständig vorsichtiger geworden bin. Ich bin nachts nicht mehr ins Bad gegangen, weil ich Angst hatte.
Und dann kam der Moment, wo ich dachte: Jetzt oder nie.
Handwerker finden war nicht ganz einfach – man muss suchen, wer sich mit barrierefreien Umbauten auskennt. Und ich musste lernen, Hilfe anzunehmen. Das war vielleicht das Schwierigste.
Wie hat sich Ihr Alltag seitdem verändert?
Weber:
Enorm. Ich habe wieder Vertrauen. Ich kann alleine duschen, nachts sicher durchs Haus laufen und muss mich nicht mehr an Möbeln festklammern.
Ich habe meine Selbstständigkeit zurück – das ist für mich das Wichtigste. Ich fühle mich wieder wie Herr im eigenen Haus. Und das gibt mir auch emotional viel Kraft.
Was würden Sie anderen raten, die zögern, ihre Wohnung umzubauen?
Weber:
Nicht warten, bis etwas passiert. Ich habe zu lange gewartet – zum Glück ist nichts Schlimmes passiert.
Ich rate jedem: Schauen Sie sich in Ruhe um. Holen Sie sich Beratung. Fangen Sie mit kleinen Dingen an. Man muss ja nicht gleich das ganze Haus umbauen.
Aber jedes Haltegriffchen, jedes Licht im Flur – das macht einen Unterschied. Und es ist ein gutes Gefühl, selbst etwas für die eigene Sicherheit zu tun.
Zum Schluss: Gibt es etwas, das Sie sich für die Zukunft noch wünschen?
Weber:
Ja: Dass mehr ältere Menschen den Mut haben, über solche Themen zu sprechen. Wir reden nicht gern über Hilfsmittel oder Pflegegrade – aber wir müssen. Wenn ich mit meinem Beispiel ein paar Leute zum Nachdenken bringe, dann hat sich das Interview schon gelohnt.
Vielen Dank, Herr Weber, für das offene Gespräch.
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